Kohlenhydrate und deren Einfluss auf den Gewichtsverlauf

Das Thema Kohlenhydrate und deren Einfluss auf das Gewicht ist allgegenwärtig. In den Medien wird das Thema, wie so häufig, zum Teil mit Halbwissen beleuchtet und angeblichen Studien belegt. Viele Erläuterungen haben aber keine wissenschaftliche Grundlage und basieren oft auf meist kurzzeitigen menschlichen Erfahrungen.

Praktische Erfahrungen vieler Menschen haben durchaus gezeigt, dass eine Einschränkung der Kohlenhydrate zur Gewichtsreduktion führen kann. Es stellt sich jedoch die Frage, ob dies lediglich kurzfristig Abhilfe verschafft oder tatsächlich zu einem länger anhaltenden Erfolg führen kann.

Ihre Fragen

Warum verliert man tatsächlich schnell ein paar Kilos Gewicht, wenn man auf die Kohlenhydrate verzichtet oder diese zum Teil einschränkt? Warum wird diese „erfolgsversprechende“ und von vielen Experten postulierte Ernährungsweise dann nicht lange durchgehalten, wenn sie einem doch zu Beginn, wie viele Befürworter sagen, so gut tut? Was geht im Körper während der Kohlenhydratreduktion vor und wie wirkt sich die Kohlenhydrateinschränkung auf die Gesundheit aus?

 

Kohlenhydratlieferanten, Insulin und deren Wirkung auf den Körper

Zur Gruppe der kohlenhydrathaltigen Lebensmittel zählen stärkehaltige Lebensmittel wie z.B. Vollkorn- und Weißbrot, Nudeln, Reis, Hülsenfrüchte, Kartoffeln und zuckerhaltige wie Obst, Süßigkeiten und Säfte. Stärkehaltige Lebensmittel und Süßigkeiten enthalten deutlich mehr Kohlenhydrate. Ganz wenig Zucker enthält z. B. Gemüse.

 

Nach dem Verzehr von o.g. Lebensmitteln wird im Körper stets Insulin ausgeschüttet. Kohlenhydratreichere und gleichzeitig fettarme Mahlzeiten (z.B. ein weißes Brötchen mit Marmelade oder mit Quark und Hähnchenbrustaufschnitt) führen zur höheren Insulinausschüttung, als dies bei den kohlenhydratärmeren Lebensmitteln mit einer ausreichenden Fettmenge (Vollkornbrötchen mit Butter und Marmelade oder mit Butter und Hähnchenbrustaufschnitt) der Fall ist. Eine zu hohe Insulinausschüttung wirkt sich appetitsteigernd und somit negativ auf den Gewichtsverlauf aus und sollte vermieden werden. Darüber hinaus verursacht zu große Menge an einfachen Kohlenhydraten oder denen schlechterer Qualität (z.B. Limos, Säfte, Weißmehlprodukte, Süßigkeiten) Hyperinsulinämie (viel Insulin im Blut) und fördert bei einer dauerhaft zu hohen Kohlenhydratzufuhr und gleichzeitig bei einer genetischen Prädisposition (familiäre Veranlagung) Insulinresistenz und Diabetes mellitus.

Wie das Hormon Insulin genau einen Einfluss auf den Gewichtsverlauf nimmt, erörtere ich in meinem nächsten Beitrag.

 

Wirkung der Kohlenhydrate im Körper und die Ursachen einer Gewichtsreduktion

Alle Kohlenhydrate werden am Ende des Stoffwechselvorgangs zur Glukose (Zucker) verstoffwechselt. Zum einen wird Zucker direkt zur Energiegewinnung in den Körperzellen, z.B. Muskel- oder Gehirnzellen, genutzt. Zum anderen wird er in der Leber und in den Muskeln in Form des Glycogens (Speicherkohlenhydrat) gespeichert. Diese Speicherung des Glukagons hat auch eine Speicherung vom Wasser zur Folge, da Zucker wasseranziehend ist. Insgesamt können im Körper unter normalen Umständen ca. 4 kg durch die Ernährung bedingtes Wasser gespeichert werden. Dies ist ein ganz normaler Prozess und jeder gesunde Körper tut dies.

Mindestens 100 g Kohlenhydrate benötigt unser Körper am Tag. Diese sind z.B. in 2 Scheiben Brot, einem Apfel, einer Banane und einer kleineren Portion Kartoffeln oder Nudeln enthalten. Dies ist notwendig, um dem Muskelabbau und der Verschiebung des Flüssigkeitshaushalts entgegenzuwirken. Kohlenhydrate benötigen wir darüber hinaus auch für die Gehirnarbeit und damit ein gutes Denkvermögen.

 

Werden die kohlenhydrathaltigen Lebensmittel, wie z.B. Nudeln, Reis, Brot, Obst und Süßigkeiten aus dem Speiseplan gänzlich gestrichen oder werden diese stark eingeschränkt, so schwinden auch Wasserspeicher aus dem Körper. Bereits nach wenigen Tagen Kohlenhydratverzicht verliert man also durch den Verlust von Wasser durchaus 4-5 kg Gewicht. Eine eigentlich erwünschte Gewichtsreduktion sollte aber optimalerweise nicht durch Wasserverlust, sondern durch die Reduktion der Fettspeicher erfolgen. Der Fettanteil im Körper und somit eine Gewichtsreduktion kann ausschließlich durch die Energieeinschränkung reduziert werden.

Sobald eine kohlenhydratarme Kost beendet und die Kohlenhydratlieferanten wieder verzehrt werden, wird im Körper wieder das Glycogen eingelagert und somit natürlicherweise auch Wasser gebunden. Ehe man sich versieht, hat man 4 bis 5 kg Gewicht wieder „drauf“, wodurch einige Diätwillige schockiert sind.

 

Da für die meisten von uns Lebensmittel wie Brot, Nudeln, Hülsenfrüchte und Kartoffeln die Basis einer bereits von Kindesbeinen an bekannten Ernährung sind, lässt sich eine kohlenhydratfreie Ernährung nicht so einfach umsetzen. Die Vorliebe für das zuckerhaltige steckt bereits in unseren Genen, sie macht uns zufrieden und glücklich. Viel wichtiger sind aber hierbei die Verzehrsmengen, die Häufigkeit und die Art der Kohlenhydrate.

 

Gute Kohlenhydrate sind die Basis einer ausgewogenen Ernährung und sollten durchaus, wenn auch in kleinen Mengen, gleichmäßig über den Tag verteilt verzehrt werden. Bei manchen Mahlzeiten können die Kohlenhydrate durchaus weggelassen werden. Nicht weil sie schlecht sind, sondern weil die Steak-, Tofu- oder Fischportionen bereits so groß sind (z.B. 200-400 g). Der zusätzliche Verzehr von Sättigungsbeilagen (Kohlenhydrate wie z.B. Nudeln, Reis oder Kartoffeln) bei dieser Mahlzeit führt dann zum Energieüberschuss und zur Gewichtszunahme.

 

Zu den guten Kohlenhydratlieferanten zählen v.a. Linsen, Bohnen, Erbsen, Vollkornbrot, Müsliflocken, ganzes Dinkel- oder Weizenkorn, Gemüse und Obst. Diese sollten bevorzugt in kleineren Mengen verzehrt werden. Weißbrot, helle Brötchen, helle Nudeln, Süßigkeiten und Säfte stellen schlechtere Kohlenhydratbeispiele dar und sollten weniger verzehrt werden. Die letzteren Beispiele fördern enorme Hyperinsulinämie (viel Insulin im Blut), gesteigerten Appetit, Gelüste und stehen sogar im Verdacht, bei übermäßigem und überwiegendem Verzehr Darmkrebs hervorzurufen.

 

Neben der Art der Kohlenhydrate hat auch deren Verzehrsmenge einen Einfluss auf die Insulinausschüttung. Beispiel empfohlener Kohlenhydratmenge pro Mahlzeit: idealerweise 1 bis max. 2 Scheiben Vollkornbrot oder 1-1,5 statt 2 Vollkornbrötchen pro Mahlzeit zu sich nehmen. Zweite Scheibe Brot oder zweites Brötchen hin und wieder durch z.B. 1-2 Eier, 1 geräuchertes Forellen- oder Lachsfilet, Tofuschnitzel, 1-2 EL Hummus, Hülsenfrüchte oder 1-2 EL 20 %-gen Quark ersetzen. Zusätzlich sollte eine schnelle Insulinausschüttung und der Entstehung von Heißhunger durch die Aufnahme von Fett in die Mahlzeit verhindert werden. Einige Beispiele für Fettlieferanten sind z.B. Avocadoaufstriche, Butter, Margarine, pflanzliche Öle, Ei, Käse, Hummus oder Räucherlachs.

 

Zusammenfassung/Empfehlung:

Eine abwechslungsreiche Ernährung, in der kohlenhydratärmere (wenig Brot oder Sättigungsbeilagen) und hin und wieder kohlenhydratfreie (Fisch oder Steak mit Gemüse) Mahlzeiten vorkommen, kann durchaus empfohlen werden.

Von einem vollständigen und dauerhaften Kohlenhydratverzicht kann ich nur abraten, da dies bei einer dauerhaften Anwendung zu Heißhungergefühlen und dem Nachlassen des Denkvermögens, körperlicher Leistungsminderung und Muskelabbau führen kann.

Eine leichte Minderung der Kohlenhydratportion mit gleichzeitiger Auswahl guter Kohlenhydrate wie z.B. Vollkornprodukte, Müsliflocken oder Hülsenfrüchte führt jedoch zur Appetitminderung und kann somit gewichtsregulierend wirken. Eine kleine Fettmenge innerhalb einer Mahlzeit ist darüber hinaus für einen langsamen Blutzuckeranstieg und eine länger anhaltende Sättigung bedeutend.

Beispiele empfehlenswerter Mahlzeiten: Vollkornbrot mit Avocado- oder Hummus-Aufstrich und ggf. Hähnchenbrustaufschnitt; Müsli mit Quark, Nüssen, Früchten;

Weniger empfehlenswerte Mahlzeiten: Müsli mit Magerquark und Früchten; Brot mit Magerquarkaufstrich und Hähnchenbrust.

 

Man sollte sich aber vor oder nach der Durchführung einer kohlenhydratarmen Ernährung vor allem eine Frage stellen: kann ich mich mit dieser Ernährungsweise persönlich identifizieren oder bedeutet dies für mich eine starke Einschränkung von Lebensqualität, Verlust von Freude am Essen und eine lebenslange Diät?

 

Eine ausführlichere Wirkung der Kohlenhydrate auf die Gesundheit wird in meinem nächsten Beitrag erläutert.